Jugendstrafgesetz (JStG)

Autor: Alban Sylejmani, 19.02.2024

 

Das Jugendstrafgesetz (JStG) sieht spezielle Sanktionen für Jugendliche im Alter von 10 bis 18 Jahren vor, die straffällig geworden sind. Das Jugendstrafrecht ist eine eigenständige Rechtsnorm, die sich auf Prävention konzentriert und ausschliesslich für diese Altersgruppe relevant ist. Im Erwachsenenstrafrecht vorgesehene Strafen und Massnahmen werden durch die Bestimmungen des JStG ersetzt. Das Strafgesetzbuch und andere strafrechtliche Vorschriften definieren strafbares Verhalten ähnlich wie bei Erwachsenen. Die Hauptbestimmung des Jugendstrafrechts ist in Artikel 2 des Strafgesetzbuches zu finden. Dieser Abschnitt erläutert die grundlegenden Prinzipien, die dem Schutz und der Erziehung dienen (Art. 2, JStG). Es ist wichtig zu betonen, dass Schutz im Jugendstrafrecht nicht bedeutet, Jugendliche vor Strafen zu schützen, sondern ihre erfolgreiche Entwicklung und persönliche sowie berufliche Entfaltung zu fördern. Der Begriff „Schutz“ bezieht sich auf Massnahmen im Zusammenhang mit dem Kinderschutz (ZGB) und zielt besonders auf die Abwehr von Gefahren, die Korrektur von Fehlentwicklungen und die Schaffung förderlicher Entwicklungsbedingungen ab. Im Erwachsenenstrafrecht steht vorrangig die Vergeltung im Fokus, indem eine Straftat mit einer als gleich schwer empfundenen Sanktion ausgeglichen wird, um die verletzte Rechtsordnung wiederherzustellen.

Wann machen sich Kinder und Jugendliche durch ihr Onlineverhalten strafbar? Rechtliche Fragen zu Pornografie und Cybermobbing

Wenn es um die Frage geht, wie sich junge Menschen durch Online-Aktivitäten strafbar machen können, geht es um Aspekte wie z. B.: Wann und in welcher Weise ist es strafbar, Online-Pornografie zu konsumieren, sexuell aufreizende Fotos von sich zu machen und zu verschicken oder sich an Online-Mobbing zu beteiligen? In der Schweiz beginnt die rechtliche Verantwortung schon früh: Kinder sind ab dem 10. Geburtstag strafmündig.
Ab diesem Alter haben Sie das Recht, wegen Verstössen gegen die Strafgesetze angezeigt und verurteilt zu werden. Fragen zur Pornografie sind ein häufiges Thema. Es ist strafbar, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren pornografische Inhalte zur Verfügung zu stellen. Dies gilt sowohl für kommerzielle als auch für private Plattformen. Es ist nicht erlaubt, dass ein 15-Jähriger Videos an andere Jugendliche weiterleitet. Er hat das Recht, sie zu betrachten, jedoch ist es für Kinder und Jugendliche nicht verboten, legales pornografisches Material zu konsumieren. Es ist untersagt, sexuelle Darstellungen mit Personen unter 18 Jahren durchzuführen. Dieses Foto kann als Kinderpornografie eingestuft werden, wenn Jugendliche unter 18 Jahren sich sexualisiert und mit sichtbaren Geschlechtsteilen fotografieren. Sowohl die Jugendlichen, die das Material erstellt haben, als auch alle anderen Personen, die die Aufnahmen besitzen (z. B. ein Bild oder Video auf ihrem Handy gespeichert haben) oder weiterschicken, sind dafür verantwortlich. Es gibt eine Ausnahme: Jugendliche im Alter von 16 bis 18 Jahren, die pornografisches Material zusammenstellen, besitzen (z. B. ein Bild oder Video auf ihrem Handy gespeichert haben) oder konsumieren, werden nicht bestraft, solange sie es nicht an weitere Personen weitergeben.

 

Cybermobbing ist ein weiteres rechtliches Thema, mit dem Eltern und Einrichtungen häufig zu tun haben. In einem Mobbing-Fall herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Täter und Opfer. Normalerweise sind die Parteien vertraut. In der Regel sind nur wenige Personen aktiv antreibend. Außerdem gibt es Mitläufer*innen, die den Mobbenden das Gefühl geben, dass sie auch in ihrem Interesse handeln. Andere betrachten es als unbeteiligte Partei. Dies stärkt die aktiven Mobber in ihrer Handlung. Besondere Probleme treten bei Cybermobbing auf:
Erstens werden Informationen, Bilder und Beleidigungen schnell verbreitet. Besondere Schwierigkeiten treten bei Cybermobbing auf: Zunächst verbreiten sich Informationen, Bilder und Beschuldigungen schnell. Zweitens haben Beleidigungen eine langfristige Wirkung, da Informationen im Internet gespeichert bleiben und ungehindert verbreitet werden können. Opfer von Cybermobbing haben keine sicheren Rückzugsräume mehr, sie können sich der Mobbingsituation nicht mehr entziehen. Cybermobbing entsteht fast immer unter Bekannten, ist also eine Form von Mobbing.

 

Es gibt aktuell kein explizites Gesetz gegen Cybermobbing. Es kommen Gesetze zu einzelnen Handlungen zum Zuge, die zu Cybermobbing gehören (z. B. Datenbeschädigung, Erpressung, Ehrverletzung, Verleumdung, Beschimpfung, Drohung, Nötigung).

Thematisieren Sie mit Kindern und Jugendlichen Fragen zu Social Media, um Unwissen zu vermeiden und ihnen Gelegenheiten für reflektierte Selbsterfahrungen zu bieten. Es ist nicht wichtig, dass Verbote oder Gefahren im Vordergrund stehen. Kinder und Jugendliche sollten die Fähigkeit haben, selbstständig zu werden.

 

Anzeigerecht:

Jede Person oder ein Unternehmen hat das Recht, bei einem Verdacht auf Straftaten Anzeige zu machen. Erst im formalen Strafverfahren besteht die Verpflichtung, alles wahrheitsgemäß zu erzählen. Ein Strafantrag kann bei Antragsdelikten nachträglich zurückgezogen werden. Wichtig zu beachten: Bei Offizialdelikten ist die Justiz von Amtes wegen verpflichtet, ein Verfahren durchzuführen. Bei schwereren Delikten muss deswegen vor einer Kontaktaufnahme mit der Polizei abgewogen werden, ob ein Strafverfahren erwünscht ist (z. B., wenn ein jugendliches Opfer von sexualisierter Gewalt geworden ist). Aus pädagogischer Sicht kann eine Strafanzeige gegen Jugendliche in der erzieherischen Arbeit unterstützend und präventiv wirken, sie kann aber auch inadäquat sein und pädagogische Interventionen erschweren oder gar verhindern (MEKiS, 2024).

 

Anzeigepflicht:

Gemäss der schweizerischen Strafprozessordnung sind nur Angestellte der Strafbehörden verpflichtet, Straftaten anzuzeigen, von denen sie im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit Kenntnis erhalten haben. Kantone können auch Behörden und Mitarbeiter des Kantons und der Gemeinde verpflichten, ihnen bekannte Straftaten anzuzeigen (MEKiS, 2024). Die Anzeigepflicht für Personen, die beruflich in einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Beteiligten stehen, kann von den Kantonen umgekehrt aufgehoben werden. Prinzipiell sind stationäre Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe nicht dazu verpflichtet, Anzeige zu machen, es sei denn, es gibt abweichende Gesetze im Kanton.

 

Das Verfahren nach dem Jugendstrafrecht wird von der Jugendanwaltschaft geleitet. In einigen Kantonen gibt es auch bei der Polizei spezielle Abteilungen für Kinder und Jugendliche. Ein Prozess umfasst die Untersuchung des Tathergangs, der persönlichen Verhältnisse und der Entwicklung der Jugendlichen. Die Jugendanwaltschaft bzw. die Polizei oder die Jugendanwaltschaft führen die Untersuchungen durch oder beauftragen eine Fachstelle, wie einen Sozialdienst oder einen psychologischen Dienst, damit. Abklärungen und Begutachtungen können stationär durchgeführt werden, z. B. in einer Beobachtungsstation, einem Durchgangsheim oder einer jugendpsychiatrischen Einrichtung.

 

Im Vollzug hat die Schutzmassnahme Vorrang, doch kann wieder auf die »Schiene« Strafe umgeschaltet werden, wenn die Schutzmassnahme nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend ist (vikariierendes System). Es besteht ein gewisses Ermessen, welche Art von Strafe bzw. Schutzmassnahme verhängt werden soll. Teilweise sind spezielle Bedingungen notwendig. Folgende Strafen sind möglich: Verweis, persönliche Leistung, Busse, Freiheitsentzug. Die Vielfalt der zur Verfügung stehenden Sanktionen ermöglicht eine differenzierte, individualisierte Reaktion, dies hingegen auf Kosten von Gleichbehandlung und Transparenz (MEKiS, 2024).


Quellen:

  • Payot, M. P. & Schwander, M. (2021). Recht für die soziale Arbeit (5. Auflage). Bern: Haupt.
  • Jugend und Medien (2022). Medien und Recht. Medienkompetenz in sozial-, heil- und sonderpädagogischen Institutionen (4. Auflage), S. 27-30.
  • Hochschule für Soziale Arbeit FHNW (2024). MEKiS – Medienkompetenz in der Sozialen Arbeit. Abgerufen am 15.02.2024 von www.mekis.ch/recht/kinder-und-jugendliche/Jugendstrafrecht.html